Beschleunigungsgebot im Strafrecht

Von Alexander Müller veröffentlicht am 1. Mai 2014 | 2.255 mal gesehen

Laut Artikel 5 Absatz 1 der Strafprozessordnung haben Strafermittlungsbehörden ein Strafverfahren unverzüglich an die Hand zu nehmen und ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss zu bringen. Es handelt sich bei diesem Artikel um das sogenannte Beschleunigungsgebot.

Genauer Wortlaut:

Die Strafbehörden nehmen die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss.

Dieser Artikel ist aus rechtsstaatlicher Sicht bedeutsam. Denn je länger ein Verfahren dauert, desto schwieriger wird es einen Ermittlungserfolg zu erzielen. Dies weil mit der Zeit Beweise verschwinden oder Zeugen vergessen, was sie gesehen und oder gehört haben usw. Ebenfalls ist es natürlich eine Zumutung wenn ein Kläger oder ein Beschuldigter nach seiner letzten Eingabe erst einmal ein halbes Jahr oder noch länger warten muss, ehe die Behörden ein Lebenszeichen von sich geben. Deshalb ist es natürlich wichtig, dass Ermittlungsbehörden ihre Ermittlungen möglichst zügig angehen und abschliessen.

Natürlich lässt auch das Beschleunigungsgebot eine Verzögerung eines Verfahrens zu, allerdings muss diese laut Gesetz „begründet“ sein. Eine zulässige Begründung kann z.B. sein, dass ein Zeuge im Komma liegt. In so einem Fall kann es je nach Diagnose der Ärzte Sinn machen, zu warten bis der Zeuge vom Komma erwacht und befragt werden kann.

Hingegen ist es eine Zumutung, wenn Ermittlungsbehörden nach Einreichen eines per Einschreiben zugestellten Strafantrags einfach über mehrere Monate nicht reagieren. Je nachdem wie speditiv die zuständigen Staatsanwälte sind, kann es ein halbes Jahr oder länger dauern ehe mit Ermittlungshandlungen begonnen wird. Dies also zu einem Zeitpunkt, bei dem viele Spuren schon längst erkaltet sind.

Nach Ansicht verschiedener Rechtsanwälte lohnt sich jedoch selbst bei solch krassen Fällen eine Beschwerde wegen Rechtsverzögerung nicht. Dies weil eine solche Beschwerde in einem weiteren Nerv aufreibenden und aufwändigen Verfahren mündet und in der Regel nicht viel bringt. Denn selbst wenn der Kläger Recht bekommt, so beschleunigt dies das Verfahren in der Praxis meist nicht. Dies da ja auch die Beschwerdeverfahren Zeit in Anspruch nehmen.

Fazit: Wenn ein Staatsanwalt meint, er könne einen Strafantrag monatelang liegen lassen, dann kann er das in der Schweiz. Er wird vom Justizsystem gedeckt. Ob diese Praxis im Sinne des Gesetzgebers ist, ist indes mehr als fraglich. Hier offenbart sich wieder einmal eine Unzulänglichkeit des Schweizer Rechtsstaats.

Ein weiterer Misstand dieser Praxis ist, dass ein Kläger nicht mit verbindlichen Fristen rechnen kann, auf die er sich terminlich einstellen könnte. So kommt es immer wieder vor das Justizbehörden einen Fall über mehrere Monate oder gar Jahre liegen lassen um dann eines Tages plötzlich kurz vor Ostern oder Weihnachten mit einer Verfügung ins Haus zu platzen. Dabei ist es auch nicht besonders hilfreich, dass diese Verfügungen nur innerhalb einer kurzen Frist von 10 Tagen angefochten werden können.

Diese Frist von 10 Tagen ist viel zu kurz zumal Beschwerden begründet werden müssen und dabei vorzugsweise auf die Argumente der oft mehrseitigen Verfügungen eingegangen werden muss.  Innerhalb von 10 Tagen kurz vor Ostern oder Weihnachten noch schnell einen Anwalt zu finden, der einem behilflich ist, kann eine Herausforderung sein. Insbesondere dann, wenn er noch einen Vorschuss verlangt, bevor er tätig wird. Auch wer die Beschwerden selber schreibt, braucht dafür je nach Komplexität der Sache ein paar Tage.

In unserem Rechtsstaat liegt vieles im Argen. Politiker kümmern sich jedoch lieber um einfach Dinge, die sie dem Volk verständlich machen können.

Hier noch ein konkreter Fall der seit Monaten bei der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat auf die lange Bank geschoben wird.

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