Ist die Schweiz prüde?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 8. April 2012 | 9.729 mal gesehen

Nacktheit in der Öffentlichkeit ist in der Schweiz grundsätzlich nicht verboten. Das Bundesgericht hat in einem Grundsatzurteil den Kantonen jedoch erlaubt Nacktwandern unter Strafe zu stellen.

Im betreffenden Urteil ging es um einen Nacktwanderer, der im Kanton Appenzell-Ausserrhoden wegen «grob unanständigen Benehmens» zu einer Busse von 100 Schweizerfranken verurteilt wurde. Der betreffende Nacktwanderer hatte den Fall bis vors Bundesgericht weitergezogen. Die Bundesrichter waren sich darin einig, dass Nacktwandern vom Strafgesetzbuch des Bundes nicht erfasst wird. Drei von fünf urteilenden Richtern waren allerdings der Ansicht, dass die Kantone befugt sind, mit eigenen Bestimmungen die nicht sexuell motivierte Entblössung unter Strafe zu stellen.

Auch im Kanton Appenzell-Ausserrhoden wird Nacktwandern nicht ausdrücklich untersagt. Es wird aber dem Verbot der «groben Verletzung von Sitte und Anstand» zugeordnet. Laut Behörden ist das Empfinden des Durchschnittsmenschen was Sitte und Anstand anbelangt ausschlaggebend dafür, was Sitte und Anstand verletzt.

Nacktheit in der Öffentlichkeit wird in der Schweiz meist unter dem Deckmantel des Jugendschutzes bekämpft. In der Regel stehen dahinter jedoch religiös-konservative Menschen, denen Nacktheit in der Öffentlichkeit aus anderen Beweggründen nicht passt.  Wenn es stimmt, was die Appenzeller Behörden über das Empfinden des Durchschnitts-Schweizers denken, dann lässt dies auch einen Rückschluss darauf zu, wie prüde unser Volk ist oder wie wie stark die Doppelmoral ist. Im Internet ist Nacktheit in der Öffentlichkeit für die meisten Schweizer nämlich kein Problem. Im Gegenteil, viele erfreuen sich darüber. Es sind wenige, die bisher vergeblich versuchten, die Freiheitsrechte anderer im Internet zu beschneiden. Wer nackte Haut und sexuelle Handlungen im Internet sehen will, der braucht nur zu googlen. Wobei er vorher noch den Prüderie-Filter ausschalten muss.

Unter Prüderie versteht man laut Definition eine sehr empfindliche Einstellung und Engherzigkeit gegenüber Sitte und Moral. Im weiteren Sinne bezeichnet Prüderie eine Geisteshaltung, die das Ziel verfolgt, sexuelle Äusserungen jeglicher Art in der Öffentlichkeit und teilweise auch im Privatbereich weitestgehend auszuschliessen.

Prüderie hat seinen Ursprung in der Sexualethik verschiedener Religionen (Judentum, Christentum, Islam). Bereits im Judentum wurden bestimmte zwischenmenschliche Handlungen als unrein angesehen. Das Christentum, welches aus dem Judentum entstanden ist, hat vieles davon übernommen. Dasselbe gilt für den Islam, er hat vieles vom Judentum und Christentum übernommen und teilweise sogar noch verschärft. Muslimas sollen ihre Reize vor Männern verbergen (Burka usw.), fremden Männern nicht die Hand geben usw.

Vieles, was mit Religionen zusammenhängt, wird inzwischen jedoch zu Recht in Frage gestellt. So wurde die religiös legitimierte Ständeordnung ein Opfer der Aufklärung. Herrscher von Gottes Gnaden wurden inzwischen durch demokratische Systeme ersetzt und Menschenrechte wurden ausgebaut.

Wieso soll Nacktheit in der Öffentlichkeit weiterhin unsittlich und unmoralisch sein, wenn die Grundlage einer solchen Ansicht längst der Vergangenheit angehört? Von Menschen erfundene Religionen, die hauptsächlich zur Unterdrückung von Menschen genutzt wurden, haben zum Glück längst nicht mehr den Stellenwert, den sie einst hatten.

Schauen wir nach Brasilien. Dort gehen die Menschen mit Nacktheit in der Öffentlichkeit und Sexualität wesentlich entspannter und lockerer um.

Ist das nicht schön?

Was ist gegen einen sexy Auftritt einzuwenden? Jugendschutz? Lächerlich!

Was in Brasilien im Karneval und am Strand möglich ist, das war in Stammeskulturen und bei frühzeitlichen Menschen normal. Die Männer im folgenden Bild würden im Halbkanton Appenzell-Ausserrhoden, in Saudi-Arabien und im Iran wegen ihres öffentlichen Auftretens bestraft werden. Was aus Sicht einiger pervers aussieht, ist für diese Männer normal.

Die junge Frau im folgenden Bild scheint auch kein Problem mit ihren Brüsten zu haben. Zum Glück lebt sie in Afrika und nicht im Halbkanton Appenzell-Ausserrhoden. Denn im Appenzellerland wäre es nicht erlaubt so herumzulaufen.

Ob die Kinder dieser jungen Frau einen nachhaltigen Schaden davon tragen werden, weil sie so herumläuft?

Wenn wir wirklich Multi-Kulti wollen, dann bitte richtig! Was sind wir für eine Gesellschaft, wenn wir einerseits strengislamische Leute mit Burka usw. akzeptieren und andererseits freizügige und offene Menschen bestrafen?

Rate this post

5 Gedanken zu „Ist die Schweiz prüde?“

  1. Ziehen Sie doch nach Brasilien oder Afrika um, vielleicht fühlen sie sich dort unter den Nackten wohler….

  2. Sehr gute Darstellung! Es ist wirklich bedauerlich, wieviele Menschen offenbar ein schweres Problem mit ihrem Körper haben. Ich habe nichts gegen Einstellungen, die einen Menschen in seiner Nacktheit ggf. unästhetisch finden bzw. eine modische Bekleidung vorziehen. Wenn es aber um Ästhetik geht, sind wir auf dem Holzweg, Nacktsein verbieten zu wollen: Dann könnte man viele weitere menschliche Erscheinungsformen(Entstellungen, Piercings, Tattoos, Frisuren, auch Kleidung etc.)verbieten müssen, wenn jeder Recht bekäme, den etwas stört.Letztlich geht es (nur) Nackten auch nicht darum, jemanden zu provozieren oder sich aufzudrängen, sondern sich in der freien Natur frei und gut fühlen zu dürfen.
    Wenn irgend so ein lieber Mitmensch keine andere Empfehlung weiß, als zum Auswandern zu raten: Greife er sich an die eigene Nase und ziehe in asiatisch-muslimische Gefilde! So kann man keine erquickliche Diskussion führen.

  3. Pflichte dir bei Bernd. Es ist doch schon seltsam wenn unsere Gesellschaft Menschen akzeptiert, die sich aus religiösen Gründen absolut rigide kleiden, Menschen, die frei sein wollen, hingegen unterdrückt.

    Nacktheit hat mit Freiheit zu tun. Wer frei im Geist ist, der muss sich nicht unter einer Burka verstecken, er kann nackt wandern. Wer sich hingegen einer erfundenen Gottheit unterwirft, der ist unfrei. Er ist ein Gefangener seines Glaubens oder ein Unterdrückter einer Gesellschaft, die in einem Glauben gefangen ist.

  4. „Ziehen Sie doch nach Brasilien oder Afrika um, vielleicht fühlen sie sich dort unter den Nackten wohler….“

    Das typische Totschlag-Argument eines weltfremden Schweizers, dessen weiteste Reise an den Genfer See ging… Unfassbar!

Kommentare sind geschlossen.