Beschneidungen mit Pädophilen-Initiative vereinbar?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 2. April 2014 | 2.161 mal gesehen

Wie ich bereits in einem früheren Artikel geschrieben habe, bin ich gegen die Pädophilen-Initiative. Ich sehe darin einen Verstoss gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Dies weil die in der Initiative geforderten Massnahmen keine Rücksicht auf die Schwere eines Vergehens nehmen. So unterscheidet die Initiative z.B. nicht zwischen einer Jugendliebe und echten pädokriminellen Straftaten. Ein 18 Jähriger, der eine Liebschaft mit einer 15 Jährigen hat, wird gleich hart bestraft wie ein 53 Jähriger, der sich an einer 9 Jährigen vergreift. Das kann es doch echt nicht sein! Die Rechtssprechung eines Rechtsstaats sollte schon intelligenter und differenzierter sein.

Der Initiativtext richtet sich eben nicht explizit nur gegen pädosexuelle Handlungen!

Schaut euch noch einmal den Wortlaut der Initiative an:

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 123c (neu) Massnahme nach Sexualdelikten an Kindern oder an zum Widerstand unfähigen oder urteilsunfähigen Personen

Personen, die verurteilt werden, weil sie die sexuelle Unversehrtheit eines Kindes oder einer abhängigen Person beeinträchtigt haben, verlieren endgültig das Recht, eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen oder Abhängigen auszuüben.

Im Initiativtext ist nicht von „sexuellen Handlungen“ die Rede. Stattdessen ist von der „sexuellen Unversehrtheit“ eines Kindes oder einer abhängigen Person die Rede. Diesbezüglich fallen mir eigentlich ganz andere Kontroversen ein.

Erinnert ihr euch z.B. noch an die Kontroverse über die religiös motivierte Beschneidung von Jungen und Mädchen? Auch dabei ging es um die körperliche bzw. sexuelle Unversehrtheit von Kindern und abhängigen Personen.

Beschneidungen
Quelle

Zur Erinnerung:

Nach heftigen Protesten von religiöser Seite, hat die Politik das Urteil des Kölner Landgerichts leichtfertig wieder gekippt. Bei der Debatte um die religiös-motivierte Beschneidung von Kindern, wurde unter anderem argumentiert, dass Beschneidungen die Sexualität der Beschnittenen negativ beeinflussen können.

Könnte es sein, dass die Pädophilen-Initiative auch Mediziner betreffen kann, die an den Geschlechtsteilen von Kindern herumschnipseln weil es die Eltern der Kinder wollen?

Wobei, eigentlich gibt es ja in der Bundesverfassung bereits einen Artikel, der die körperliche Unversehrtheit schützen soll. Es ist Artikel 10 der Bundesverfassung. Offenbar sehen die Mehrheit der Schweizer Justizbeamten und Politiker Beschneidungen jedoch nicht als Eingriff in die sexuelle Unversehrtheit an. Ich halte es allerdings auch für möglich, dass sich Religionsgemeinschaften in der Schweiz über Gesetze hinwegsetzen können weil ihnen dank gesellschaftlichem Einfluss und politischer Macht ein Sonderstatus in unserem „Rechtsstaat“ zukommt. Fakt ist, dass die Kantone für Landeskirchen Steuern eintreiben und dies sogar bei juristischen Personen, die eindeutig nicht diesen Landeskirchen angehören. Hier wird meiner Ansicht nach gegen die verfassungsmässig garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit verstossen. Dies indem juristische Personen gegen ihren Willen gezwungen werden Kirchensteuern zu zahlen.

Religionsfreiheit wichtiger als andere Menschenrechte?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 17. August 2012 | 5.310 mal gesehen

Im Juni 2012 hat das Landgericht Köln ein Urteil gefällt, wonach die Beschneidung von Knaben aus religiösen Gründen eine Straftat ist. Dieser Entscheid löste in religiösen Kreisen eine Welle der Empörung aus. Ich begrüsse das Urteil, denn  es macht klar, dass es Menschenrechte gibt, die der Religionsfreiheit Grenzen setzen. Im konkreten Fall ist die Grenze das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit. Nicht nur rituelle Menschenopfer sondern auch die körperliche Verstümmelung aus religiösen Gründen ist ein Verbrechen!

Rechtsanwalt David Gibor setzt sich in einem Artikel, der in der Zeitung „Der Sonntag“ erschienen ist, für Beschneidungen aus religiösen Gründen ein. Damit setzt er die Religionsfreiheit meiner Meinung nach über das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit. Ich halte das für inakzeptabel und unverantwortlich!

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein Menschenrecht, welches auch die Schweizerische Bundesverfassung garantiert.  Artikel 10 Absatz 2 der Bundesverfassung garantiert das Recht auf körperliche Unversehrtheit!

Bundesverfassung Artikel 10
2 Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.

Die Beschneidung eines Knaben aus religiösen Gründen ist eine Körperverletzung. Sie stellt einen Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte und eine Verletzung des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit dar. Sie ist in jedem Falle nicht mehr rückgängig zu machen. Selbst dann nicht, wenn es dem Jungen später gelingt sich von der Religionsgemeinschaft oder einer Sekte zu lösen oder er entscheidet die Religion zu wechseln. Er wird für immer beschnitten bleiben. Es ist daher nicht zu tolerieren, dass Eltern oder Erziehungsberechtigte eines unmündigen Kindes darüber verfügen, dass dieses aus religiösen Gründen beschnitten wird. Eine Beschneidung ist ein Eingriff, bei dem ein Körperteil entfernt wird! Ein solcher Eingriff ist nur dann gerechtfertigt, wenn medizinische Gründe vorliegen.

Ich hoffe, dass die Politiker in der Schweiz ihre Pflicht tun und dem verfassungsmässigen Recht auf körperliche Unversehrtheit gerecht werden. Religiöse Beschneidungen sind ethisch nicht vertetbar und gehören verboten und unter Strafe gestellt.

Ein weiteres wichtiges Menschenrecht, welches von religiösen Kreisen immer wieder in Frage gestellt wird, ist das Menschenrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit. Dieses gibt jedem Menschen das Recht sich frei und ungehindert zu äussern und seine Gedanken, seine Meinungen und seine Ansichten ungehindert zu verbreiten. In der Schweiz werden immer wieder Menschen wegen Rassendiskriminierung angezeigt, weil sie Religionen oder extremistische Vertreter von Religionen kritisieren. Wie im Mittelalter, als noch die Inquisition Religionskritiker als Ketzer auf den Scheiterhaufen brachte, werden in der Schweiz auch heute noch Religionskritiker angezeigt und gerichtet. Hand dazu bietet das Antirassismusgesetz, ein Bundesgesetz, welches im Widerspruch zur Bundesverfassung und dem Menschenrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit steht.

Wer die Meinungs- und Informationsfreiheit nicht achtet, muss sich nicht wundern, wenn Schriftsteller wie Salman Rushdie um ihr Leben fürchten müssen.