Journalistinnen klagen gegen Bezirksgericht, zahlen darf ich

Von Alexander Müller veröffentlicht am 21. März 2016 | 2.296 mal gesehen

Zwei Journalistinnen klagen gegen eine Verfügung des Bezirksgerichts Uster. In der angefochtenen Verfügung steht, dass das Bezirksgericht Uster mich nicht als Person der Zeitgeschichte betrachtet. Das Zürcher Obergericht widerspricht und entscheidet, dass meine Persönlichkeitsrechte verletzt werden dürfen. Das Bundesgericht stützt diesen Entscheid. Die Zeche für dieses Unrecht, soll nun ich zahlen. Wenn das nicht unfair ist, was dann?

Die Geschichte beginnt mit einer Verfügung des Bezirksgerichts Uster vom 16. April 2014. Das Bezirksgericht Uster hält darin fest, dass ich keine Person der Zeitgeschichte bin und dass eine identifizierende Berichterstattung über mich unnötig ist, da entbehrlich. Das Bezirksgericht Uster hält in seiner Verfügung fest, dass die Berichterstattung im Strafprozess normalerweise in anonymisierter Form erfolgt. Es verwies dabei auf BGE 129 III 529. Diesem Bundesgerichtsentscheid zufolge steht das Informationsinteresse der Allgemeinheit dem Schutzinteresse der Prozessbeteiligten gegenüber. Laut BGE 129 III 529 erfolgt die Berichterstattung deshalb normalerweise namentlich im Strafprozess in anonymisierter Form zumal die Namensnennung in den meisten Fällen entbehrlich ist.  Das Bezirksgericht Uster untersagt daraus folgend Journalisten mich im Zusammenhang mit der am 19. April 2014 stattfindenden Gerichtsverhandlung namentlich zu nennen.

Die Journalistinnen Liliane Minor vom Tagesanzeiger und Brigitte Hürlimann von der NZZ klagen gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Uster. Dies obwohl ihre beiden Zeitungen zu diesem Zeitpunkt bereits darauf verzichtet haben mich namentlich zu nennen.

Zitat von Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer vom 3. Februar 2013 (Quelle)

«Wir schätzen Alexander Müller nicht mehr als Person von öffentlichem Interesse ein, weshalb eine Namensnennung nicht mehr gerechtfertigt ist.»

Doch das Obergericht Zürich sieht es anders. Es gibt den beiden Journalistinnen in einem Urteil vom 31. März 2015 teilweise Recht und erklärt mich zur relativen Person der Zeitgeschichte.

In seiner Erwägung unter Ziffer 4.1 stellt zwar auch das Obergericht fest, dass die Gerichtsberichterstattung im Strafprozess normalerweise in anonymisierter Form erfolgt und verweist dabei auf BGE 137 I 210 ff; 213; BGE 129 III 529 ff., 532 f). Es bemerkt aber, dass es sich bei Personen der Zeitgeschichte je nach Interessenslage anders verhalten kann. Das Zürcher Obergericht erachtet mich trotz des Umstands, dass ich einmal Kreisschulpfleger war, nicht als absolute Person der Zeitgeschichte. Es begründete dies damit, dass ein Mitglied der Kreisschulpflege normalerweise nicht im Rampenlicht steht und sein Name und allenfalls sein Bild, wenn überhaupt, lediglich im Zusammenhang mit der Wahl publik werden. Anmerkung: Ich wurde in einer stillen Wahl als Ersatz für den während der Legislaturperiode gewählten Schulpfleger Walter Anken gewählt. In diesem Zusammenhang wurde weder mein Name noch mein Foto jemals im Zusammenhang mit einer Wahl publik. Das Obergericht sieht mich aber als relative Person der Zeitgeschichte und rechtfertigt dies damit, dass ich mich gegenüber eine grösseren Anzahl Personen auf Twitter provokativ geäussert hätte. Zitat:

Aus dem Urteil des Zürcher Obergerichts vom 31.03.2015
Aus dem Urteil des Zürcher Obergerichts vom 31.03.2015 – Seite 11

Wer sich also auf Twitter äussert, der muss damit rechnen als relative Person der Zeitgeschichte angesehen zu werden, wenn seine Aussage von Dritten als provokativ aufgefasst wird, zumindest nach Auffassung des Zürcher Obergerichts. Die Auffassung des Zürcher Obergerichts erstaunt, denn laut der Fachliteratur ist eine relative Person der Zeitgeschichte jemand, bei dem ein zur Berichterstattung legitimierendes Informationsbedürfnis nur aufgrund und in Zusammenhang mit einem bestimmten aussergewöhnlichen Ereignis besteht. Eine namentliche Nennung ist zudem nur gerechtfertigt, wenn es eine Person der Zeitgeschichte betrifft und von übergeordnetem öffentlichen Interesse ist. Das Zürcher Obergericht nimmt in seinem Urteil jedoch den Umstand, dass der Kläger der Rassendiskriminierung verdächtigt wurde als Grund dafür, ihn zur Person der Zeitgeschichte zu machen. Diese Auffassung ist nicht haltbar. Die namentliche Nennung ist dann statthaft, wenn sich der Verdacht gegen eine Person der Zeitgeschichte richtet. Es ist jedoch nicht so zu verstehen, dass jemand zur Person der Zeitgeschichte wird, weil er verdächtigt wird.

Ich halte einen Tweet von einem einfachen Bürger überdies nicht für ein aussergewöhnliches Ereignis von übergeordnetem öffentlichen Interesse. Die Richter offenbar schon. Die Kosten der beiden Verfahren von je CHF 1’000.00 werden deshalb je zur Hälfte den beiden Klägerinnen und mir auferlegt. Dies obwohl die Klage eigentlich nicht gegen mich sondern die Verfügung des Bezirksgerichts Uster gerichtet ist. Die Richter machen es sich einfach, sie erklären mich zur Person der Zeitgeschichte, ignorieren, dass es sich um Beschwerden gegen eine Verfügung des Bezirksgerichts Uster handelt und wälzen die Verfahrenskosten auf mich ab. Damit schaden mir die Richter gleich doppelt. Die Einwände meines Verteidigers wurden komplett ignoriert.

Doch die beiden Journalistinnen sind mit diesem Urteil trotzdem nicht zufrieden, denn sie wollen einen kompletten Sieg. Sie ziehen das Urteil deshalb weiter. Das Bundesgericht gibt den beiden Journalistinnen am 6. November 2015 schliesslich vollumfänglich Recht. Das Urteil ist höchst fragwürdig und ungerecht, meine Interessen wurde überhaupt nicht berücksichtigt. Ich habe darüber auf diesem Blog berichtet. Jetzt wurden mir die kompletten Verfahrenskosten des Zürcher Obergerichts in Rechnung gestellt. Ich muss jetzt also insgesamt 2’000 Franken dafür zahlen, dass zwei Journalistinnen eine Verfügung des Bezirksgerichts Uster angefochten haben. Ist das gerecht? Natürlich nicht.

Meine Rechte wurden von Anfang an mit Füssen getreten. Die Justiz hat mich von Anfang an ungerecht behandelt und sie zieht es durch bis zum Ende. Dasselbe trifft auf Journalisten zu. Sie missachteten meine Persönlichkeitsrechte von an Anfang an und kämpften anschliessend sogar noch dafür sie verletzen zu dürfen. Das Obergericht Zürich legitimierte die Persönlichkeitsverletzung nachträglich mit den bereits erfolgten Persönlichkeitsverletzungen. Es begründete es mit dem mir vorgeworfenen Tweet und diesem Blog. So als ob es dieser Blog gewesen wäre, der die Medien dazu veranlasste meine Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Es war aber nicht mein Blog sondern ein Tweet, den kein einziger der berichtenden Journalisten selber je gesehen hatte.

Fazit: Das Bezirksgericht Uster betrachtete mich nicht als Person der Zeitgeschichte, doch das Zürcher Obergericht schon. Die Argumentation der Zürcher Oberrichter ist jedoch nicht haltbar, denn ein Tweet eines normalen Bürgers ist nicht von übergeordnetem öffentlichen Interesse. Überdies war mein Blog war nicht der Grund, weshalb ich ans Rampenlicht gezerrt wurde. Meinen Blog erwähnen die Richter weil es ihnen nicht passt, dass ich auf diesem ihre Urteile hinterfrage. Sie wollen mich zum Schweigen bringen indem sie meinen Blog gegen mich verwenden. Perfider geht es kaum noch!

Zu verlieren habe ich nicht mehr viel, denn sie haben mich schon komplett ruiniert. Trotzdem geben meine Peiniger immer noch keine Ruhe und wollen mich weiter Pisacken. Das Eigenartige ist, dass sie sich diese Mistkerle dabei auch noch für charakterlich überlegen halten. Mit ihrem Handeln belegen diese Leute, dass sie es nicht sind.

Übertriebener Datenschutz für Kriminelle

Von Alexander Müller veröffentlicht am 17. März 2010 | 2.281 mal gesehen

EinbruchDie SVP hat kürzlich Bilder von Einbrechern ins Netz gestellt, weil die Zürcher Kantonspolizei diese Bilder nicht veröffentlichen will. Damit hat sie eine umstrittene Debatte ausgelöst. Felix Schindler und Liliane Minor vom Tagesanzeiger halten das Vorgehen der SVP für einen Fehler. Felix Schindler verweist in seinem Beitrag auf eine Aussage des Informationschefs des Datenschutzbeauftragten. Demzufolge ist das Veröffentlichen von solchen Bildern Sache der Polizei. Liliane Minor wirft der SVP Selbstjustiz vor, die dem Ruf des Rechtsstaats schade. Zudem wirft Minor der SVP eine vorschnelle Veröffentlichung der Bilder vor.

Liebe Frau Minor, bevor die SVP die Bilder veröffentlicht hat, hat Tele Züri bereits über die Sache berichtet und diese Bilder im TV gezeigt. Man kann der SVP deshalb mit Sicherheit keine vorschnelle Veröffentlichung der Bilder vorwerfen. Diesen Vorwurf könnte man einzig den Medien machen, die bereits ausführlich über die Sache berichtet haben ehe die SVP gehandelt hat. Die SVP dürfte via Medien auf die Sache aufmerksam geworden sein.

Auch der Vorwurf der Selbstjustiz stimmt nicht. Selbstjustiz wäre es, wenn Bürger die Täter fassen und lynchen würden. Beim Vorgehen der SVP handelt es sich aber lediglich um Selbsthilfe. Selbsthilfe ist legitim, wenn Behörden und Polizei die Persönlichkeitsrechte von Verbrechern höher gewichten als die Interessen von Geschädigten. Das Ansehen eines Rechtsstaats leidet dann, wenn die Öffentlichkeit wahrnimmt, dass die Behörden zu Helfershelfern von Verbrechern werden. Dann geht nämlich das Vertrauen in den Rechtsstaat flöten. Übertriebener Datenschutz für Kriminelle weiterlesen